2015: DER PASSAT CHOR in Griechenland

Thorwald Suhr

Die diesjährige Chorreise ging nach Griechenland. Australien und Kuba liegen für uns zu weit weg, und wir wollten etwas für die deutsch-griechische Freundschaft tun, zumal es in den letzten Monaten zunehmend Irritationen auf beiden Seiten gegeben hatte. Außerdem hat Mitsänger Thorwald Suhr früher fünf Jahre lang in Griechenland gelebt und gearbeitet und wollte gern eine Reiseroute für den Chor ausarbeiten.
Es lag nahe, dass man das Land im Frühling besucht, wenn es sich im grünen Pflanzenkleid zeigt. Spannend wurde das Vorhaben plötzlich, als am 25. Januar eine ganz andere Regierung als bisher in Athen gewählt wurde. Die Reise würde in die Megali Evdomáda, die Karwoche der orthodoxen Kirche, hineinreichen, was früher ein Argument gegen diesen Zeitpunkt gewesen wäre. Dann war da noch kurz vorher der absichtlich herbeigeführte Absturz einer deutschen Maschine durch einen lebensmüden Piloten mit 150 Toten, der uns hätte beunruhigen können. Aber, um es vorweg zu nehmen, die vier Flüge nach Athen über Zürich und zurück mit SWISS waren sehr professionell und tadellos.
Im Chor hatten wir vorher mit Stephan das Volkslied „Xekina mia psaropoula“  eingeübt. Ein Faltblatt über Lübeck mit Fotos und Text war von LTM Lübeck ins Griechische übersetzt und das Layout von Ralph Steinführer fertiggestellt worden. Jens Schroeter hat die Verhandlungen über die Flüge mit der Frage nach dem Gepäck der Musiker sowie die Hotelbuchungen übernommen.
Leider mussten zwei  Chormitglieder aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten.
Unter diesen Vorzeichen machten sich am 1. April 24 Sänger, 5 Musiker und unser
Chorleiter Stephan Fleck auf die Reise. 
Wir hatten für unsere zwei Auftritte in Athen in der Nähe des Larissa Bahnhofs drei Übernachtungen gebucht. Diese Tage waren anstrengend, aber höchst interessant. Denn da war einmal die große Stadt, wozu man jetzt unbedingt hinzufügen muss, dass Athen durch die Olympischen Spiele 2004 einen riesigen Sprung nach vorn  gemacht hat. Und dann unsere zwei Auftritte.
Am ersten Abend hatten wir noch ein Kurzreferat durch einen Herrn der Adenauer-Stiftung über die aktuelle Situation in Griechenland. U.a. hat er mehrfach darauf hingewiesen, dass in Griechenland viele Verschwörungstheorien kursieren. Wir waren aber müde und daher froh, vom Hotel zum Essen eingeladen (!) zu werden.
 U.a. gab es Stifado! Das war sehr freundlich uns gegenüber.
Wir hatten dann zwei halbe Tage für touristische Zwecke und jeweils am Abend einen Auftritt. An dem einen Tag fuhr uns der Bus zum Syntagma-Platz, wo wir vor dem Parlament nicht nur die berühmte Wache sondern auch sogleich eine Demo zugunsten politischer Gefangener beobachteten. Ein kleiner Rundgang die Ermou entlang, dann zur eingerüsteten Kathedrale und durch die Plaka bedeutete weitere Eindrücke zu sammeln. Zwei oder drei von uns haben Strohhüte gekauft.  Kleine Einkehr bei kühler Temperatur. Dann die Busfahrt hinauf zum Kloster Kaisariani, das byzantinische Architektur der Kreuzkuppelkirchen in einzigartiger Weise darstellt. Das haben wir erst nicht gefunden, aber die schnellenVoraus- marschierer hatten dafür zusätzlich den großartigen Ausblick auf die Stadtlandschaft und auf den Pendeli, jenen Höhenzug mit dem berühmten Marmor.
In privater Initiative wird der „Aisthetiko Dásos“ gehegt und gepflegt, der besonders schöne „ästhetische“ Wald.
Abends der Auftritt im PHILADELPHIA, dem deutsch-griechischen Kulturzentrum von 1837 in Maroussi, geleitet von Frau Dr. Spindler-Niros. Die Deutsche Schule Athen und das Goethe-Institut hatten uns auf diese Institution hingewiesen. Die Liedfolge war  auf  das eher deutschsprachige Publikum zugeschnitten,  Menschen die im Großraum Athen leben und arbeiten. Dennoch erfreuten sich auch die älteren
Zuhörer an den engagiert vorgetragenen Shanties.
Hinterher gab es einen Empfang, man tauschte Geschenke aus, erfreute sich am Buffet und am griechischen Wein und plauderte. Ein Referent der Deutschen Botschaft war auch zugegen. Leider mussten wir um 11 Uhr abends zurück, für griechische Verhältnisse zu früh.
Der dritte Tag hat uns die Stadtführerin Angeliki beschert, die übrigens perfektes Deutsch sprach. Zuerst bewunderten wir die aufregende Architektur des Akropolis-Museums und seine Schätze aus klassischer Zeit, die für Kunst und Architektur der Welt fortan beispielgebend war. Danach konnten wir die Akro-polis, die Ober-stadt, selbst besichtigen. Es ist durchaus etwas weltweit Einmaliges, dass auf einem ebenen Felsklotz Tempel von vor zweieinhalbtausend Jahren stehen. Weltkulturerbe im Herzen der Stadt.
Abends hatten wir den Auftritt in der Neuen Schule Athen, die in privater Regie zweisprachig Kindergarten und Grundschule anbieten.

Die Schulleiterin Frau Baum  mit ihrem jungen, fast nur weiblichen Team hat uns warmherzig empfangen. Wir hatten den Lehrerinnen den Text  unseres Medleys „Seelüd an Land“ mit Volksliedern wie „Das Wandern ist des Müllers Lust“ zugeschickt, und die Kinder der Grundschule sangen sehr fröhlich mit.
Ja, sie wurden durch die Moderation von unserem Ralph und der Frau Baum, wahrscheinlich Griechin, geradezu angeregt aus sich herauszugehen, und einzelne Lieder gingen dann los auf „Los“. Los! Und ein Mädchen, vielleicht acht Jahre alt, sang sehr selbstbewusst ins Mikrofon. Unser eingeübtes griechisches Lied haben sie dann auch mitgesungen. Deshalb empfanden wir diesen Auftritt als bisherigen Höhepunkt und fuhren beglückt zurück ins Hotel.
Am vierten Tag haben wir erst mal unserem Guido zum Geburtstag gratuliert, und dann ging es auf die Reise, und zwar mit Reiseleiterin Sophia. Erster Haltepunkt war der Kanal von Korinth mit seinem bis zu 60 m tiefen Einschnitt. Unser Uli Fenner
ist mal mit einem Flottenverband dort durchgefahren.
Auf dem Weg nach Nafplion/Tolon haben wir noch Mykene wenigstens vom
Busparkplatz aus gesehen, die dreitausend Jahre alte Bergfestung, die maßgeblich von Schliemann ausgegraben wurde.
Das Hotel in Tolon war sehr gut; wir sind dann zielstrebig zum Strand gegangen, um dort ein schnelles Bier zu trinken. Da hat für die Berufstätigen unserer Gruppe der Urlaub begonnen. Das Wetter allerdings war absolut „Lübsch“: Sonne und Wolken im Wechsel und Temperaturen nur mit Jacke zu genießen. Einer von uns, Torsten, hat aber schon ein Bad genommen, erst im Meer und später im Pool.
Abends fuhr uns Michali mit seinem sehr modernen Bus hinein nach Nafplion (das alte Nauplia) für unseren dritten Auftritt in Griechenland. In der Paläa Voulí, dem Parlamentsgebäude aus den 1830er Jahren, sollten wir nach einem Vortrag auftreten. Nun, die Dame überzog die Zeit um eine ganze Stunde, eigentlich unhöflich uns gegenüber.
„Wann stirbt der Maler (El Greco) denn nun endlich?“ fragte Manni ganz leise. Der Vortrag hatte geendet, sinngemäß, dass El Greco „einer von uns“ sei und man doch froh sein könne, Grieche zu sein.
Unser Konzert wurde im Verlauf gekürzt, die Resonanz war nicht ganz so, wie wir es uns dachten bzw. unser Hartmut Welzel, der alles organisiert hatte, sich erhofft hat.
Umso fröhlicher haben wir dann nach dem gemeinsamen  Essen in einer Taverne am Hafen zu den Klängen unserer Musiker gesungen und mit einem Ouzo und einem Trinklied auf  Herrn Wienholt im fernen Hamburg angestoßen.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht: „Herr Janosch, wie kriegen wir die Versöhnung mit den Griechen hin?“- „Wondrak fliegt hin, trägt jeden, den er so trifft, auf den Olymp, umarmt ihn und sagt: Wir sind gar nicht so. Dann trinkt er viel Retsina und zahlt sehr, sehr gut dafür.“ (ZEIT-magazin, Februar 2015)
Der nächste Tag brachte uns nach einer halbstündigen Fahrt die Besichtigung von Epidauros, dem antiken Zentrum der Heilkunst mit verschiedenen Möglichkeiten der Unterhaltung und Zerstreuung, wozu natürlich das wegen seiner Akustik berühmte Amphitheater zählte.
Leider konnten wir dort nur zwei Strophen von „Shenandoah“ singen, denn ein diensteifriger Wärter untersagte uns weiterzusingen, und auch unsere Sophia konnte ihn nicht umstimmen.
Später am Tag sind einige auf die Festung Palamidi hinaufgestiegen, andere waren nicht so sportlich, sie blieben unten in dem pittoresken Städtchen und haben sich die Statuen der Bouboulina oder des Kapodistrias, Freiheitskämpfer in den 1820er Jahren, angesehen. Interessant auch das Wrack des riesigen englischen Unterseebootes aus jener Zeit im Hafen, das die Einheimischen Bourtzi nennen.
Es folgte ein Fahrttag: Ebene von Argolis, Tripolis, Sparti (Sparta), Mistras, Gebirge,
Kalamáta bis nach Pilos im Westen. Wegweisung und enge Straßen in Sparti waren wie vor 30 Jahren schlecht für den angewachsenen Verkehr, aber wir fanden den Weg nach Mistras, die byzantinische Ruinenstadt am Osthang des Taygetos Gebirges. Dieser Kirchen- und Verwaltungssitz war sieben Jahre später als Konstantinopel vom Osmanischen Reich erobert worden. Wer byzantinische Architektur mag, ging hier sehr glücklich hinauf und hinunter, zwischen Klöstern, Kirchen und Palästen. Unser Jens Schmiedeberg, der für Erste Hilfe zuständig war, hatte immer ein Auge auf uns und gab uns Sicherheit. Mittagspause im Dorf Mistras, mit Blick auf das schneebedeckte, bis zu 2400m hohe Taygetos Gebirge. Auf der neuerlichen Durchfahrt durch Sparti kamen wir am modernen Leonidas-Denkmal vorbei, jenes Feldherrn, der mit wenigen Kämpfern die Perser aufgehalten hatte.

Thorwald hat sich dann gegen Michali und Sophia durchgesetzt, die aus Vorsicht den riesigen Umweg auf der langweiligen Autobahn machen wollten, und so fuhren wir auf der etwas abenteuerlichen Straße über das Gebirge. Tunnels und Felsvorsprünge hat Michali mit Bravour gemeistert, bis wir auf die Paßhöhe kamen, wo uns auf 1300 m Höhe mit Blick auf Schneefelder und uralte Kiefern ein kräftiger Wind durchpustete.
Fahrt hinunter nach Kalamata, kurzer Kaffee- und WC-Stop, dann nur noch eine dreiviertel Stunde bis nach Pilos. Das Hotel Karalis war vor allem durch seine Lage ganz prima, denn wir hatten sogar Balkone mit Blick auf die Bucht von Navarino, den Hafen und die Insel Sphaktiria. Ab Tolon hatten wir ja immer bis zum Schluss zwei Übernachtungen, denn wir wollte ja nicht „aus dem Koffer leben“.

Pilos war Urlaub total, denn bei strahlendem Sonnenschein hatte man Freizeit und bummelte durch die gemütliche kleine Stadt hinauf  zur Festung, wo übrigens eine 3D-Schau zur Seeschlacht von Navarino 1827  lief. Die Schiffsfahrt auf der Bucht hatten wir aufgegeben, denn bei unruhigem Wasser hätte man sicher nicht die türkischen Schiffe in der Tiefe erkennen können. Stattdessen haben wir nachmittags die sichelförmige Voidokilia-Bucht angesteuert, wo sich sieben oder acht von uns in die kühle, aber herrlich erfrischende Brandung stürzten.
Abends hatten wir eine sehr versöhnliche Geschichte: Das Hotel wollte für uns einen Empfang machen, zu dem der Bürgermeister auch kommen wollte, und ob wir singen könnten. So war es auch. Wir gaben etwa eine halbe Stunde unser Bestes. Der Band- und Chorleiter der Stadt sowie der Personalchef des Rathauses, Gäste und der Hoteldirektor hörten hocherfreut zu. Unser Erster Sprecher Christian machte die Honneurs, dann tauschte man Geschenke aus und erfreute sich am griechischen Wein.
Wir sollten unbedingt wiederkommen, auch privat.
Denn neben dem guten Eindruck, den wir doch machten, hatte einer von uns dem Hoteldirektor gegenüber zum richtigen Zeitpunkt eine freundliche und gezielt politisch passende Bemerkung gemacht. Wir alle in Europa brauchen gutes Zureden, aber die Griechen wohl ganz viel. Leider hatten einige von uns  hinterher privat zu laut gesungen, was wegen der Karwoche nicht so rücksichtsvoll war.
Am nächsten Tag große Aufregung: Ein Sturmtief sollte Regen, Schnee  und Temperaturen Nähe Null Grad bringen. So sei es in Athen. Tatsächlich war das Wetter für diese Jahreszeit extrem anders. In Kalamata hatten wir etwa 1,5 Stunden Freizeit, die man für eine kleine Einkehr an der Promenadenstraße nutzte. Die Stadt ist nach dem Erdbeben von 1986 zügig und mit einer höheren Geschosszahl wiederaufgebaut worden. Einige deckten sich mit den köstlichen dunklen Kalamata-Oliven ein. Kaum sind wir im Bus, fängt es an zu regnen. Auf der Raststätte bei Tripolis in 700m Höhe hatten wir 6 Grad Celsius und die Schneegrenze lag etwa 150 m höher.

Zwei moderne orangenfarbige Schneeräumer hatten den Warnblinker gesetzt, aber es war doch alles nur halb so schlimm. Wir fuhren durch Arkadien, aber von dem Idealbild, das wir aus Literatur und Malerei kennen, ist natürlich nichts zu sehen.
Hier muss mal der Gedanke eingeschoben werden, dass das Land neben einer ökonomischen Katastrophe auch eine ökologische hat. Natürlich gibt es Aufforstung, aber sie kommt nicht annähernd gegen die jährlichen Waldbrände an. Und vom Wasserproblem, Staudammbau und der Vernichtung wertvoller Naturareale haben wir während der ganzen Reise nichts von Sophia gehört.  Mit Hilfe der Brüsseler Strukturfonds sind diese supermodernen Autobahnen in Griechenland gebaut worden. Die Mautgebühren sind etwa so hoch wie bei uns, für den Mittelstand im Lande schwer tragbar. Denn, und das erfuhren wir später von Sophia, und Angeliki bestätigte das: Viele Leute haben nicht genug Geld für das Benzin und darüber hinaus für die Mautgebühren, um zu Ostern, dem größten Fest der griechischen Christenheit, „nach Hause“ in ihre Dörfer zu fahren und müssen in Athen bleiben.
Das fanden wir  doch ziemlich erschreckend!
Das Hotel in Loutraki, Nähe Korinth, war nicht so toll. Immerhin lag es zentral in diesem alten Badeort mit der schönen Lage am Golf von Korinth, und über der Hauptstraße waren Ostereier-Lichterketten aufgehängt. Abends pfiff der auch für uns kalte Wind über die Promenade, so dass wir zügig eine Taverne aufsuchen mussten.

Der neunte Tag brachte Freizeit und einen Ausflug. Uli und Anja sind ins Thermal Spa von Loutraki (loutra = Bad) gegangen und fanden das alles sehr schön, aber auch umständlich, ein wenig so wie in der „DDR“. Der Ausflug ging hinauf auf den Westhang des die ganze Gegend beherrschende Felsklotzes von Akro-Korinth, Gipfel etwa 560m hoch.
Die letzten 1000 Jahre immer heiß umkämpft von Kreuzrittern, Türken, Venezianern, Byzantinern und wieder Türken, siehe Palamidi in Nafplion. Bei Sonnenschein und kühlem Wind sind die meisten von uns dort raufmarschiert und haben sich an den Pflanzen und dem Ausblick auf den Saronischen und den Korinthischen Golf erfreut. Fotostop noch am Eingang des antiken Korinth, das ja eine Hafen-und Handelsstadt mit den entsprechenden Vergnügungsvierteln gewesen war, weshalb Apostel Paulus dort missioniert hatte.
Am 10. April ging es zurück nach Athen, aber mit dem Umweg über Piräus und Kap Sounion. Herrliches Wetter, nicht mehr so kühl, aber mittags wehte ein steifer Wind. In Piräus fuhren wir  langsam an den beiden kreisrunden Hafenbuchten mit ihrer Fülle von Yachten entlang, die eine übrigens vor Jahrzehnten von Tourkolimani in Mikrolimani umbenannt. Angeliki stieg zu, und  „unsere beiden Athenerinnen“  haben sich gut ergänzt. Am Stadion „Irini kai Philia“ (Frieden und Freundschaft) und an Bauprojekten vorbei, die von Großreedern und Großindustriellen hochgezogen werden, fuhren wir die wunderschöne Küstenstraße von Glyfada und Vouliagmeni entlang. Was aus dem alten Flughafen wird, ist noch nicht bekannt.
Angeliki erzählte die Geschichte vom Helden Theseus, der nach dem kretischen
Abenteuer vergessen hatte, weiße Segel zu setzen, worauf sich sein Vater Aegeus, der am Kap Sounion Ausschau hielt, vor Kummer ins Meer stürzte, wovon das Meer seinen Namen hat. Der Poseidon-Tempel ist inzwischen perfekt renoviert und abgesperrt, aber den eingeritzten Namenszug „Byron“ des englischen Lords und Dichters, der im griechischen Freiheitskampf sein Leben ließ, kann man noch erkennen. Fotos, ein Bierchen, Andenken.

Auf der Rückfahrt entdecken wir mehrere Plakate mit dem Wahlspruch: „Oi Ellines den ekbiásontai.“ (Die Griechen lassen sich nicht erpressen.) Von welcher Partei konnte im Vorüberfahren nicht erkannt werden. Im Zentrum ein letztes Mal am Tempel des Olympischen Zeus, am Hadriansbogen und dem Nationalgarten mit der Voulí, dem Parlamentsgebäude, vorbeigefahren. Beide Athenerinnen hatten uns empfohlen, den Karfreitags-Umzug abends an der Ecke Vasilissis Sofias und Amalias zu beobachten.
Das haben auch einige getan, nachdem wir das Hotel Stanley am Karaiskaki-Platz bezogen hatten. Die einen sind drei kurze Stationen mit der U-Bahn gefahren und die anderen zu Fuß gegangen. Wieder eine andere Gruppe ist in der Nähe des Hotels  zur Agios Pavlos-Kirche gegangen und hat dort in einer Männertaverne die
Karfreitagssuppe genossen. Die junge Bedienung war sehr nett und freundlich und wir haben uns von den alten Männern per Handschlag verabschiedet. Auf dem Vorplatz lauschten wir den byzantinischen Kirchengesängen, haben auch eine Kerze genommen und dann den Auszug des Epitaphs beobachtet.
Der letzte Tag in Griechenland war für den Schiffsausflug nach der Insel Äjina vorgesehen. Mit der U-Bahn und dann hinaus auf der alten S-Bahn-Strecke nach Piräus. Dort haben wir auch erst Gate 8 und dann auf  Nachfragen (ein Hafenarbeiter pöbelte etwas mit „Merkel“ hinterher) die Stelle am Kai gefunden, wo das Schiff ablegte. Leider war es ein Tragflügelboot sowjetischer Bauart von vor 55 Jahren, das uns mit Höllenlärm und salzverklebten Fenstern hinüberbrachte. So hatte sich  Thorwald das nicht gedacht.  Jedenfalls war drüben in Äjina der Aufenthalt sehr schön, Sonnenschein, eine leichte nicht zu warme Brise bei einem Bier oder Wein zu genießen. Einige besuchten die Säule, wo früher ein Tempel stand, man saß unter Tamarisken und einer hat mit großem Genuss in dem flachen Wasser gebadet. „Blau ist das Meer...“ singen wir, hier war es genau so mit Blick hinüber zur Argolis. Was will man mehr?!
Es folgte um 14.15 Uhr ein deutlicher Abfall der guten Laune, denn
das Tragflügelboot nahm uns nicht mit, wir hatten Karten für „Agios Nektarios“.
Ziemlich genervt sind dann etwa 10 Chormitglieder zum Schalter gegangen, haben sich auf eigene Rechnung Tickets gekauft und sind dann abgesegelt. Missverständnis: Die Umschläge mit den Tickets waren ungenügend handschriftlich gekennzeichnet.

Der große zurückgebliebene Teil der Männer fand sich ein in einer Taverne direkt an der Bucht, wo der Sonnenschein vom Wasser reflektiert golden in unsere Gesichter schien. Dreieinhalb Stunden Gemütlichkeit mit guten Gesprächen. Und 18.15 Uhr Fahrt mit der inzwischen zurückgekehrten Agios Nektarios, ganz gemütlich mit Sonnenuntergang und Schiffsverkehr, wie auf der Elbe oder der Förde. 
Michali mit seiner bildschönen Tochter und Sophia haben uns mit dem Bus abgeholt. Christian hat gedankt und die Tütchen mit unseren Unterschriften und Trinkgeld den beiden ausgehändigt.
Abends haben wir dann noch den Tag oben auf der Dachterrasse mit Blick auf die angestrahlte Akropolis freundschaftlich ausklingen lassen.
„Christos Anésti!“ grüßen die Griechen traditionell an ihrem Ostersonntag, aber das fiel beim Frühstück im Hotel mit internationalem Publikum ziemlich flach, vor allem die Antwort „Alethós anesti“. Die Majiritsa-Suppe gefiel uns nicht so gut.
Dieser Sonntag war unser Rückreisetag. Michali  und Sophia holten uns ab, ein letztes Mal luden wir alles ein und es ging zügig zum Flughafen.
„Ihr werdet mir fehlen!“ sagte Michali treuherzig. Auch Sophia fand, dass wir eine besonders nette Reisegruppe waren. Die Flüge waren wieder tadellos.
Glücklich und gesund, aber auch geschafft und neugierig auf zu Hause verließen wir den Bus spät abends in Travemünde.
Eine Bemerkung zur „Situation Griechenlands und der E.U.“ sei dem Verfasser erlaubt: Der Ausdruck „Grexit“ ist kaltschnäuzig von Technokraten erfunden, und viele Bürger plappern das nach: „Dann sollen die doch rausgehen!“ Diese schrecklichen Vereinfacher kümmern sich überhaupt nicht um historische, kulturelle und politische Belange. „Europa“ ist mehr als nur das Gelingen guter Ökonomie!

 

Anfang Mai 2015  Thorwald Suhr