1987: Hello Britain, da sind wir!

Wolf Rüdiger Ohlhoff

Ouvertüre


Seit vielen Jahren bestehen umfangreiche kulturelle Kontakte zwischen Isle of Wight und ihrem Patenkreis in der Bundesrepublik, dem Kreis Ostholstein. So erfolgte in den letzten Jahren ein reger Austausch von Chören, Blasorchestern und Volkstanzgruppen.

Diese kulturellen Aktivitäten sollten nun auf Wunsch der Initiatoren der kleinen englischen Insel auf Lübeck ausgedehnt werden und so entstand nach einigen Vorgesprächen der Plan, den Passat Chor zu einer Konzertreise auf die Isle of Wight einzuladen. Und gerade das Jahr 1987 bot sich hierfür regelrecht an: sollte doch die 150. Wiederkehr der Thronbesteigung von Queen Victoria mit dem 1. Isle of Wight Festival gebührend gefeiert werden. Ein umfangreiches Festprogramm mit Theater Ballett und Opernaufführungen wurde initiiert, dazu ein Folkloreprogramm mit Volkstanzgruppen und Chören aus ganz Europa. Aus der Bundesrepublik waren die Volkstanzgruppe Pönitz und der Passat Chor ausersehen, die schwarzrotgoldenen Farben zu vertreten.

Nach umfangreichen Vorarbeiten, es wurde von Heiko Fenn ein spezielles auf England zugeschnittenes Programm erarbeitet, die Conferencen auf Englisch eingeübt, wurde die Vorfreude auf die Fahrt plötzlich schwer erschüttert, was war passiert? Die garantierten Fahrtzuschüsse waren von unseren englischen Vertragspartnern kurzerhand gestrichen worden, so daß wir mit unseren Vorbereitungen völlig auf dem Trockenen saßen. Die Fährpassage war bereits bestellt, der Bus und die Hotelzimmer in London geordert, es drohte ein finanzielles Fiasko. Doch gute Verbindungen der Fahrtleitung des Chores zu einflußreichen Leuten auf der Isle of Wight, zur Deutschen Botschaft in London und zum dortigen GoetheInstitut ließen in nächtlichen Telefonaten und ganzen Telexserien die Absage in eine nochmalige, nun endgültige Zusage umwandeln.

"God save the Queen", das hätte auch finanziell ins Auge gehen können und Schatzmeister Hans Peter konnte beruhigt in die Zukunft schauen. Dank sei an dieser Stelle allen Institutionen gesagt, die Durchführung dieser Fahrt ermöglichten, besonderer Dank gilt hierbei dem Isle of Wight Festivalkomitee mit FestivalDirector Kevin West an der Spitze, dem Isle of Wight County Council und unserem guten Geist des Chores auf der Isle, Michael R. Howley, dem Deputy Director of Cultral Services.

Dank aber auch an den Chauffeur des Passat Chores und last but not least an alle Mitglieder des Chores, die mit ihrem Gemeinschaftssinn, ihren Vorzügen und Macken, ihren Albernheiten und Späßen, aber auch mit Konzentration und Engagement unter der vorzüglichen Leitung von Ernst Günter bei den Konzerten die Grundlage für eine wunderschöne Chorreise schufen.




Introduktion

Wenn Engel reisen .... Nachdem der Wettergott es in den vergangenen Tagen und Wochen vor Fahrtbeginn nur so regnen und stürmen ließ, hatte er während der gesamten Fahrt ein Einsehen mit uns Sängern. Strahlender Sonnenschein und hochsommerliche Temperaturen begleiteten uns während der gesamten Fahrt. Wie aus eingeweihten englischen Kreisen zu hören war, sollen die 8 Tage des Englandaufenthaltes vom Passat Chor der britische Sommer in diesem Jahr gewesen sein.



1. Akt, Sonnabend, d. 27.6.1987


Gegen Mittag erfolgte die Abfahrt mit dem neuesten Gefährt der LVG, einem supermodernen DoppeldeckerReisebus mit 90 Plätzen, so daß während der Fahrt im Parterre des Busses an speziellen Würfeltischen "gelogen" und "betrogen" werden konnte. Auch die Bordrestauration war aufs modernste ausgestattet, so daß Chefkoch Herbert mit seinem Oberrestaurateur Otto in seinem Element war.

Beim Zustieg der Lübecker Fahrtteilnehmer am ZOB herzzerreißende Abschiedsszenen, einige zerdrückte Tränen (zur Tarnung) und die Aufforderung der Ehefrauen, Lebensgefährtinnen, sich anständig zu benehmen und heil wieder nach Hause zu kommen.

Um 15.00 Uhr Ankunft an den Landungsbrücken in Hamburg, wo die schneeweiße, gerade vor 7 Wochen neu in Dienst gestellte "Hamburg" der DFDS Seaways auf die Travemünder Sailors wartete. Bezug der Kabinen und Erkundungsgang an Bord mit Sichtung der auf dem luxuriösen Schiff befindlichen Pubs und Bars. Erster Kontakt mit dem dünnen, aber süffigen, schal in den Gläsern schwappenden englischen Bier. Herrliche Ausfahrt aus Hamburg bei Kaiserwetter, die Elbe abwärts an den hochherrschaftlichen Villen in Blankenese, an Brunsbüttel und an Cuxhaven vorbei in die offene Nordsee.

Um 19.00 Uhr, vom frischen Seewind hungrig gemacht, gemeinsame Einnahme des opulenten Skandinavischen Buffets im Salon "Four Seasons". Danach Test der flüssigen Nahrungsmittel in der NavigatorBar und im Admiral's Pub, wobei am nächsten Morgen im Chor das Gerücht umging, die Bars hätten aus Nachschubmangel vor dem Durst der Travemünder Sänger kapitulieren müssen.



2. Akt: Sonntag, d. 28.6.1987


Gegen 9.00 Uhr Einnahme des reichhaltigen Frühstückbuffets mit Ham and Eggs, Porridge, Orangensaft etc., also mit allen Köstlichkeiten eines original "english breakfast", ideal zum Wecken der Lebensgeister. Bei strahlendem Sonnenschein Kreuzfahrtfeeling in den auf den Sonnendecks heftig frequentierten Liegestühlen; schadenfrohes Beobachten der "Alteingesessenen" von den Neulingen beim tückischen, vertrackten Aufbau der Liegen mit all seinen Möglichkeiten, sich coram publico bis auf die Knochen zu blamieren; aber auch mit der Möglichkeit für einige dafür bekannte Choristen, sich dem weiblichen Geschlecht für den Aufbau der Chaisen anzudienen und Charme und Witz spielen zu lassen.

Pünktlich gegen 12.00 Uhr Einlaufen in den Hafen von Harwich, vorbei an vielen Kanalfähren und einem Schiffsfriedhof für alte, ausgediente Feuerschiffe. Weiterfahrt per Bus durch die leicht hügelige, anmutige Landschaft Südenglands mit Einfahrt nach London durch erschreckend verschmutzte Vororte.

In unserem Quartier, dem Edwardian Hotel im noblen Vorort Kensington, wartete schon Ralph Steinführer, der aus seiner 3jährigen vorübergehenden Wahlheimat Madrid zu seinen Kameraden stieß. Er hatte schon am Vorabend die Umgebung des Hotels erkundet und warnte eindringlich vor den hohen Speisen und Getränkepreisen und dem "Pieschbier" (Originalton) in den Londoner Pubs.

Nach der Einquartierung, übrigens ein Hotel, das nur seinem Äußeren nach die wahnsinnig hohen Bettenpreise mit miserablem Frühstück rechtfertigte, Stadtrundfahrt zum Tower, Möglichkeit zu erstem Beschnuppern von "merry old England" bei subtropischen Temperaturen, 35° im Schatten und sehr hoher Luftfeuchtigkeit. Am Abend relativ frühe Bettruhe (so drei, vier Glasen ohne Gewähr).



3. Akt: Montag, d. 29.6.1987


Um 8.00 Uhr erwartete uns Sänger nach dem kärglichen Frühstück im Souterrain des Hotels eine hübsche Überraschung in Form von Klaus Beiers Schwester Mrs. Kennedy. Sie leitet in England eine Sprachenschule und hatte sich als excellente Londonkennerin in liebenswürdiger Weise als Guide für eine ganztägige Stadtrundfahrt zur Verfügung gestellt. Wir bewunderten unseren Fahrer, wie er es trotz katastrophaler Verkehrsdichte und verwirrender Straßenführung schaffte, sicher an die vielen Londoner Sehenswürdigkeiten wie Trafalgar Square, St. Pauls Cathedral, House of Parliaments, Big Ben, Tower Bridge etc. mit seinem Riesengefährt zu gelangen. Teilnahme am imponierenden Wachwechsel der bärenfellbemützten Guards, den Elitetruppen und Reitern in ihren goldblitzenden Traditionsrüstungen.

Dann die Schreckensnachricht: Oskar war spurlos verschwunden. Trotz eindringlicher Mahnung der Fahrtleitung an ihn, wegen seiner Gehprobleme immer in Busnähe zu bleiben, hatte den alten Kämpen wieder seine Entdeckungslust gepackt, und er war, nur mit Passat Chor TShirt, hosenträgergehaltener Hose und seiner Pfeife und auch, wie sich erst am Spätnachmittag herausstellte, ohne Bargeld, Ausweis und Wissen wie sein Hotel hieß und wo es sich befand, in der Millionenstadt London verschwunden.

Aber da wir das alles zu diesem Zeitpunkt nicht wußten, waren wir relativ sicher, daß sich der pfiffige Oskar sicherlich allein wieder in unser Hotel zurückbegeben hatte. Nach kurzer Irrfahrt durch das Neubauviertel "Dockland" mit akrobatischen Fahreinlagen unseres "Drivers" in Sackgassen und eigentlich für die Größe des Busses absolut ungeeigneten Neubauviertelstraßen, glückliche Ankunft in Greenwich, einem Londoner Vorort. Dort Ausgabe der für den relativ hohen Preis kärglich vom Hotel zubereiteten Lunchpaketen im geschichtsträchtigen, kühlenden Schatten der "Cutty Sark", die anschließend im Rahmen einer Besichtigung von den "Sailors" des "Passat Chores" heimgesucht wurde. Fehlen durfte natürlich nicht der obligate Besuch des Greenwicher Observatoriums in einem herrlich über der Stadt gelegenen englischen Park, mit seinem berühmten Nullmeridian, den man aber nur nach Zahlung eines unverschämt hohen Eintrittsentgeltes passieren durfte.

Abends nach Eintreffen im Hotel, die bange Frage: wo ist Oskar? Er war noch nicht erschienen, aber nach zweistündigem Warten, ein Suchkommando war schon unterwegs und auch die Polizei inzwischen alarmiert, die erlösende Meldung, Oskar ist wieder da. Umringt von seinen erleichterten Kumpels mußte Oskar natürlich sofort die dramatische Geschichte seiner Londoner Irrfahrt berichten.

Er hatte sich, nachdem er seinen Chor und den dazugehörigen Bus verpaßt hatte, schnurstracks zur nächsten BMWFiliale begeben, die er dort entdeckt hatte und hatte um Hilfe gebeten, aber man sprach leider nur Englisch. Also weiter zur nächsten Auskunftsmöglichkeit, dem weitberühmten RitzHotel. Von der deutschsprachigen Reception dieses an achter Stelle in der Weltrangliste liegenden Nobelhotels ließ sich unser "Findelkind" in Old Germany bei der LVG in Travemünde anrufen und um Auskunft der Adresse des Passat Chores in London bitten. Das eine muß man ihm lassen, schlitzohrig und pfiffig ist unser Oskar immer noch in bewundernswerter Manier, trotz seines biblischen Alters (man munkelt von so ungefähr 95 Jahren?).

Nach einem kurzen Dankespfeifen für die hilfreichen Geister im Hotel und einem Essen auf Kosten des Hauses (er war ja bargeldlos) ließ sich der Senior der Travemünder Sänger kostenfrei von einer hübschen Politesse im dienstlichen Streifenwagen in das nun bekannte Hotel chauffieren.

Oskar mußte an diesem Abend noch oft die Story von seiner Irrfahrt erzählen und mit jeder neuen Strophe wurde die Geschichte abenteuerlicher und gefährlicher.

Zum Höhepunkt des Abends dann noch die Rückkehr von Arrangeur Heiko Fenn ins Hotelfoyer, der bedripst erklärte, ihm seien bei der Einnahme des Abendessens in einem italienischen Straßenrestaurant sämtliche Papier nebst Barschaft von Straßenräubern sozusagen unter dem "Hintern" weggestohlen worden. Nach diesen Hiobsbotschaften schmeckte sogar das englische Dünnbier. In dieser Nacht Eintreffen von Spätheimkehrern aus dem Vergnügungsviertel Soho laut Auskunft des verschlafenen Nachtportiers so gegen 2.00 Uhr nachts.



4. Akt: Dienstag, d. 30.6.1987


Nach dem Frühstück wehmütiger Abschied von Mrs. Kennedy vor dem Hotel und Weiterfahrt durch herrliche südenglische Landschaft mit ihren sanften Hügeln, tiefgrünen Weiden und Knicks. Mittagspicknick in einem kleinen Dorf auf dem Rasen vor der Fährüberfahrt nach Portsmouth. Pünktliche Abfahrt mit einer der vielen SealinkFähren zur Isle of Wight, vorbei an der im Hafen von Portsmouth als Museumsschiff liegenden Flaggschiff von Admiral Nelson, der "Victory".

Nach ruhiger 45minütiger Überfahrt Begrüßung des Chores durch Repräsentanten des Isle of Wight und Empfang zu Ehren des Passat Chores und der ebenfalls auf der Isle of Wight weilenden Pönitzer Volkstanzgruppe im Rathaus der Stadt Newport.

Anschließend Transfer in das 10 Kilometer entfernte Ryde, wo uns mit dem St. Clare Holiday Village unser Quartier für die nächsten 4 Nächte erwartete. Die Spannung war groß, was uns nach dem teueren, miserablen Hotel in London erwartete? Nach der Einquartierung waren dann alle Sänger einhellig der Meinung: ein Superquartier mit eigenen Tennisplätzen, mit Swimmingpool, malerisch in vielen kleinen Ferienbungalows an einem Hang hinunter zum Golf von Solent gelegen, der die Isle of Wight vom englische Festland trennt.

Bei so prächtiger Stimmung schob uns Dirigent ErnstGünter noch eine dreistündige harte Sonderchorprobe nach einem excellenten Abendessen im clubeigenen Restaurant unter, aber was machte das schon? Und die prächtig gelungene Probe nach der doch strapaziösen Anreise ließ für das Konzert am nächsten Tag einiges erwarten. Nach einem kurzen Besuch im NightClub des Feriendorfes fielen dann die Recken aus Travemünde erschöpft in ihre

Kojen.

5. Akt: Mittwoch, den 1.7.1987


Herrlich reichhaltiges und ausgedehntes Frühstück, danach kurzes Rundfunkinterview auf Englisch mit einem "Lady Passat" für die interessierten Hörer des inseleigenen Rundfunksenders "Radio Solent".

Der Rest des Tages wurde dann zur Erkundung der näheren und weiteren Umgebung freigegeben, und die Sänger machten sich einzeln oder in Grüppchen auf den Weg in das nahegelegene Städtchen Ryde, fuhren mit Taxis in die nähere Umgebung oder faulenzten am Swimmingpool und ließen ihren Adoniskörper in der Sonne bräunen und brutzeln. Ein Sprung in den nahegelegenen Swimmingpool erfrischte ungemein und vermittelte ein Urlaubsgefühl von High Society.

Bevor es zum abendlichen Konzert in das baulich und akustisch wunderbare Medina Theatre in Newport ging, traf als Hiobsbotschaft die Meldung vom Ausscheiden Boris Beckers im gerade laufenden WimbledonTurnier ein. Aber das tat unserem Auftritt am heutigen Abend keinen Abbruch. Vor einer "imponierenden" Zuschauerkulisse, unermüdlich angefeuert von unseren Fans der Pönitzer Volkstanzgruppe, lieferten wir einen fantastischen Auftritt ab, bei dem vorne und hinten, wie man so sagt, alles stimmte. Ein zweistündiges Programm mit ausschließlich englischer Conference durch Heiko, der überhaupt einen Supertag erwischte. Nach mehreren Zugaben waren wir glücklich über einen der schönsten Auftritte in der Geschichte des Passat Chores.

Nach Rückkehr ins Quartier wurde dieser Erfolg noch gebührend bis in den späten "Abend" gefeiert.



6. Akt: Donnerstag, den 2.7.1987


Start zum Busausflug über die Isle of Wight mit ihren heimeligen StrohdachDörfern, mit ihren durch die Einflüsse des Golfstromes üppigen, beinahe suptropischen Vegetationen, mit schroffen Kreidefelsen und von steter Brandung umtosten Felsklippen. Hoch über den Klippen, auf einer Wiese wurde das Mittagessen in Form von Lunchpaketen bei strahlend blauem Himmel und Rundblick über die ganze Insel eingenommen.

Nachmittags Einladung zu einer Schiffahrt mit dem historischen Dampfer "Southsea", während der wir die 300 mitfahrenden Gäste bei einer kleinen Rundfahrt zu den malerischen NeedleFelsen mit romantischem rotweißem Leuchtturm mit unseren Shanties erfreuten. Als dann noch unsere hauseigene Band an zu "swingen" fing, fuhr es sogar den etwas steifen und konservativen Engländern in die Beine und sie wagten ein flottes Tänzchen auf den Schiffsplanken.

Abends nach der Heimfahrt trafen wir uns mit einem der auf der Isle of Wight beheimateten typischen Barbershop Harmony Clubs, den Sängern der Wigh Harmony und stellten uns gegenseitig Kostproben aus unseren Repertoires vor. Müde und erschlagen ging es relativ früh in die Betten.




7. Akt: Freitag, den 3.7.1987


Nach dem Frühstück kurze Busfahrt in die nahegelegene Hauptstadt der Insel Newport. Dort einstündiger Auftritt des Chores zusammen mit der Volkstanzgruppe aus Pönitz auf dem Marktplatz vor einer großen Zuschauerkulisse.

Zu einem der Höhepunkte der Reise wurde der anschließende Ausflug zum Osborne House, in einer wunderschön gepflegten Parkanlage liegenden Sommerresidence der Queen Victoria. Mit unzähligen prunkvoll ausgestatteten Sälen und Gemächern, die einen imponierenden Einblick in den Haushalt einer englischen Königin gewährten.

Zu Ehren des Chores wurde am Abend auf der Terrasse des noblen Holmwood Hotels in Cowes, dem berühmten Start und Zielpunkt des "Admiral Cups", ein Empfang von den Honoratioren und der "High Society" der Isle of Wight gegeben. Die Mitglieder des Chores wurden bei Eintreffen durch einen historisch gekleideten Zeremonienmeister namentlich den Inselhonoratioren vorgestellt und bei einem Cocktail umwehte die Sänger

ein wenig der Duft der großen weiten Welt.

Ein weiteres Glanzlicht wurde dem imposanten Abend durch das Auftreten von Queen Victoria und ihrem Gemahl Prinz Albert (dargestellt von Schauspielern in historischen Kostümen) aufgesteckt. Nur als Prinz Albert gegen Ende des Abends, schon reichlich alkoholisiert, auf der Freitreppe seiner königlichen Ehefrau auf die Schleppe des schwarzen Spitzenkleides trat und Ihre königliche Hoheit beinahe die Treppe hinuntergestürzt wäre, wurde die britische Traditionsliebe doch ein wenig ad absurdum geführt. Nichtsdestotrotz klickten die Fotoapparate und mancher Chorsänger wird sicher zu Hause seiner in Ehrfurcht erstarrten Frau nebst Kindern gezeigt haben, wie "Vadder" neben der Queen persönlich gestanden hatte.

Das Abschiedslied des Passat Chores litt offensichtlich unter der Einnahme von etlichen Cocktails, die die Sänger notgedrungen ohne entsprechende Grundlage im Magen hatten vernichten müssen. Grund: die Gastgeber hatten selbst das groß angekündigte Kalte Buffet während eines Vortrages der Sänger geplündert. Mit mehreren Toasts auf die jeweiligen "Vaterländer" und gemeinsamen "Hipp, Hipp, Hurra" auf die deutschbritische Freundschaft endete dieser Abend dann in einer allgemeinen Verbrüderung.

Vorbei am vornehmsten Segelclub der Welt, dem Royal Yacht Squadron, mit seinen bronzenen Kanonen für den Startschuß zu den Rennen des Admiral Cups, ging es cocktailhappy zurück ins Quartier.



8. Akt: Sonnabend, den 4.7.1987


Durch eine Fehlplanung der LVG mußten wir für die Rückreise schon die Frühfähre um 6.00 Uhr nehmen, dadurch zu nachtschlafender Zeit ohne Frühstück aufstehen und den Bus zur Abreise mit unseren Koffern und den umfangreichen Auftrittsutensilien beladen.

Aber wie groß war die Überraschung, als der Bus das Areal des Feriendorfes verließ und die Pönitzer Volkstanzgruppe uns einen rührseligen Abschied bescherte. Noch größer dann die Überraschung, als wir die Honoratioren der Insel nebst unserem liebgewonnenen Mike Howley zur Abschiedszeremonie am Fährableger entdeckten. Ein wenig traurig, voller Erlebnisse und Gedanken an diese wundervolle Insel mit ihren gastfreundlichen Menschen, setzten wir zum englischen Festland über.

Nach kurzem Mittagstop in einem typischen englischen Landstädtchen trafen wir wohlbehalten um 14.00 Uhr in Harwich ein, wo wir uns unverzüglich an Bord der" Hamburg" begaben. Trotz ruhiger See gingen auf der Rückfahrt an Bord die Wellen hoch, besonders als beim JEKAMI an Bord Oskar mit einem Pfeifensolo und Harry aus dem 2. Baß mit einem Sketch Sonderpreise der Schiffsleitung gewannen.

Während unseres Aufenthaltes auf der "Insel" hatten wir uns langsam an das spezielle englische Dünnbier gewöhnt und langten im Admiral's Pub zum Abschied noch einmal kräftig zu, so daß der Barkeeper morgens um drei Uhr die "weiße Fahne" hissen und den totalen Ausverkauf an Getränken melden mußte. (Aber nur so ließ sich der Abschied von einer schönen Reise ertragen. Anm. d. Redaktion)




Finale: Sonntag, den 5.7.1987


Zum Abschluß ließen wir uns noch einmal von der Superküche der "Hamburg" mit einem herrlichen Frühstück und dem überreichlichen Brunch verwöhnen (der Chefkoch der "Hamburg" stammt übrigens aus Travemünde vom Priwall) und liefen bei strahlendem Sonnenschein in Hamburg ein. Zu unserer großen Freude und Überraschung spielte der Kapitän beim Einlaufen in den Hamburger Hafen und beim Anlegen an der Überseebrücke über die Bordlautsprecher unsere neueste LP "Auf großer Fahrt" ab und weit über den Hafen klang es "Rolling home".

Voller Eindrücke und ein wenig erschöpft von all' dem Erlebten ging es über die Autobahn zurück nach Lübeck und erste Pläne für 1988 wurden diskutiert, wenn die traditionelle Sommerreise die Sänger des Passat Chores nach Würzburg und Bamberg führen wird.